Nachhaltigkeit durch Fernkälte: Effiziente Kühlung für Rechenzentren der Zukunft

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Nachhaltigkeit durch Fernkälte: Effiziente Kühlung für Rechenzentren der Zukunft 

 

In Zeiten exponentiell wachsender Datenmengen und steigender Energiebedarfe steht die Rechenzentrumsbranche vor einer zentralen Herausforderung: Wie lässt sich der hohe Kühlbedarf moderner IT-Infrastrukturen nachhaltig und effizient decken, ohne die Umwelt zusätzlich zu belasten? Eine zunehmend wichtige Rolle spielt dabei die Fernkälteversorgung – ein System, das nicht nur ökologisch vorteilhaft ist, sondern auch in puncto Betriebssicherheit und Energieeffizienz überzeugt. 

Der Energiebedarf der digitalen Infrastruktur

Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Wirtschaft. Mit der wachsenden Bedeutung von Cloud-Diensten, künstlicher Intelligenz (KI) und datengetriebenen Geschäftsmodellen steigt auch der Energieverbrauch. Ein erheblicher Teil dieses Energiebedarfs entfällt auf die Kühlung: Je nach Standort und technischer Auslegung benötigen Rechenzentren bis zu 40 Prozent ihres Gesamtstromverbrauchs allein, um Server auf optimaler Betriebstemperatur zu halten. 

In einer Zeit, in der Energieeffizienzgesetze wie das deutsche EnEfG (Energieeffizienzgesetz) oder die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) immer strengere Anforderungen stellen, wird die Frage nach innovativen Kühlkonzepten zur entscheidenden Stellschraube für Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. 

Was ist Fernkälte und wie funktioniert sie?

 

Fernkälte ist – ähnlich wie Fernwärme – ein zentrales Versorgungssystem, bei dem Kälteenergie über ein Netz aus isolierten Leitungen von einem zentralen Kältezentrale zu den angeschlossenen Gebäuden transportiert wird. Die Kälte wird meist durch absorbierende oder komprimierende Kälteanlagen erzeugt, häufig unter Nutzung von erneuerbarer Energie, Abwärme oder Umweltkälte (z. B. aus Flüssen oder Grundwasser). 

Für Rechenzentren bedeutet das: Anstatt die Kühlung dezentral mit energieintensiven Kältemaschinen zu erzeugen, kann die benötigte Kälte effizient und emissionsarm aus einem regionalen Netz bezogen werden. 

Nachhaltigkeitsvorteile von Fernkälte

Die Nutzung von Fernkälte bietet gleich mehrere ökologische und wirtschaftliche Vorteile, die Rechenzentren zu einem zentralen Bestandteil einer nachhaltigen Energieinfrastruktur machen: 

1. Reduzierter Energieverbrauch 

Da Fernkälteanlagen in industriellem Maßstab betrieben werden, erreichen sie deutlich höhere Wirkungsgrade als einzelne, dezentrale Kältesysteme. Durch den Einsatz moderner Technologien wie Freikühlung – bei der natürliche Kältequellen genutzt werden – oder durch Kältespeicher, lässt sich der Energiebedarf zusätzlich senken. 

2. Senkung der CO₂-Emissionen 

Fernkälte kann vollständig aus CO₂-neutralen Quellen gespeist werden, beispielsweise durch Abwärme aus Industrieprozessen oder durch Ökostrom betriebene Kälteerzeugung. Viele Betreiber – etwa in Städten wie Wien, Zürich oder Stockholm – betreiben ihre Fernkältesysteme bereits mit nahezu 100 % erneuerbarer Energie. 

3. Platz- und Ressourceneffizienz 

Der Wegfall großer lokaler Kälteanlagen reduziert den Flächenbedarf und die Komplexität innerhalb des Rechenzentrumsgebäudes. Zudem entfällt die Lagerung und Wartung von Kältemitteln, die häufig mit hohem Treibhauspotenzial verbunden sind. 

4. Hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit 

Fernkältenetze werden redundant ausgelegt und zentral überwacht. Dadurch wird eine kontinuierliche Kälteversorgung auch im Fall von Wartungsarbeiten oder Teilausfällen sichergestellt – ein entscheidender Faktor für Rechenzentren, die auf 24/7-Betrieb und maximale Ausfallsicherheit angewiesen sind. 

5. Integration in Kreislaufwirtschaft und Abwärmenutzung 

Ein wesentlicher Aspekt nachhaltiger Kühlkonzepte liegt in der Weiternutzung der Abwärme. Rechenzentren, die über Fernkälte versorgt werden, können im Gegenzug ihre eigene Abwärme in das lokale Fernwärmenetz einspeisen. Diese bidirektionale Energieintegration trägt erheblich zur Dekarbonisierung urbaner Energiesysteme bei. 

Dekarbonisierung bedeutet die Reduzierung oder vollständige Vermeidung von CO₂-Emissionen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu verringern. 

Ziel ist es, fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas durch erneuerbare Energien und energieeffiziente Technologien zu ersetzen – etwa durch Solar- und Windkraft, Abwärmenutzung oder Elektromobilität. 

Fernkälte im Kontext moderner Standortstrategien

 

Für Betreiber moderner Rechenzentren ist die Integration in städtische Fernkältenetze mehr als nur eine ökologische Maßnahme – sie ist ein strategischer Standortfaktor. Insbesondere in verdichteten urbanen Räumen wie Stuttgart, München oder Wien, wo Platz knapp und Nachhaltigkeitsanforderungen hoch sind, bietet die Anbindung an Fernkältesysteme erhebliche Vorteile: 

  • Planungssicherheit: Durch langfristige Verträge und stabile Energiepreise wird die Betriebskostenkalkulation vereinfacht. 
  • Erfüllung gesetzlicher Vorgaben: Betreiber erfüllen frühzeitig Anforderungen aus Energieeffizienzgesetzen, CO₂-Bilanzen oder kommunalen Klimazielen. 
  • Positive Wahrnehmung: Nachhaltige Energieversorgung stärkt das Unternehmensimage – insbesondere in Branchen, die zunehmend auf ESG-Kriterien achten. 

Ein Beispiel aus der Praxis: Der Campus Sternhöhe in Stuttgart, an dem mehrere technologieorientierte Unternehmen angesiedelt sind, setzt auf ein lokales Nahkältenetz, das künftig auch Rechenzentren mit umweltfreundlicher Kälte versorgt. Die im Rechenzentrumsbetrieb entstehende Abwärme wird dabei in das Campus-Wärmenetz eingespeist – ein Paradebeispiel für zirkuläre Energienutzung. 

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

 

Trotz der ökologischen und ökonomischen Vorteile steht die Verbreitung von Fernkälte in Deutschland und Mitteleuropa noch am Anfang. Gründe dafür sind oft: 

  • begrenzte Netzinfrastruktur außerhalb urbaner Ballungsräume,
  • Investitionskosten für den Aufbau neuer Leitungsnetze,sowie die Koordination zwischen Kommunen,
  • Energieversorgern und privaten Betreibern.

Langfristig jedoch zeigen sich deutliche Trends in Richtung einer integrierten Energieversorgung, in der Rechenzentren aktiv als Energiepartner fungieren. Mit der zunehmenden Verknüpfung von Strom-, Wärme- und Kältenetzen werden sie zu Knotenpunkten nachhaltiger Stadtentwicklung. 

Zudem fördern neue Technologien – etwa Thermische Speicher, intelligente Laststeuerung und KI-basierte Energiemanagementsysteme – die Effizienz und Flexibilität von Fernkälteversorgungssystemen. Diese Entwicklungen werden in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle für die Klimaneutralität der digitalen Infrastruktur spielen.

Fazit

 

Fernkälte ist weit mehr als eine alternative Kühlmethode – sie ist ein Schlüsselelement für nachhaltige, resiliente und energieeffiziente Rechenzentren der Zukunft. 

Durch die Kombination aus hoher Versorgungssicherheit, geringem CO₂-Fußabdruck und Integration in lokale Energienetze bietet sie eine überzeugende Antwort auf die steigenden Anforderungen der Branche. 

Gerade in einer Zeit, in der digitale Infrastruktur und Klimaschutz nicht mehr getrennt voneinander gedacht werden können, zeigt sich: Die Zukunft der Rechenzentren ist nicht nur digital – sie ist auch nachhaltig vernetzt. 

 

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